Fünf Jahre nach seinem Tod: Das revolutionäre Erbe von Hugo Chávez

Vor fünf Jahren starb Hugo Chávez. Ich kannte ihn fast zehn Jahre persönlich und hatte einen enormen Respekt vor seinem Mut, seiner Ehrlichkeit und seinen Einsatz für den Kampf gegen Unterdrückung und Ausbeutung. Dafür zog er sich den Hass aller Kräfte der alten Gesellschaft zu: den Bankern, Kapitalisten und Landbesitzern, den Imperialisten, der CIA und natürlich der „freien Presse“ die nur ein sklavisches Sprachrohr der alten Ordnung ist.

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Die Verleumdungskampagne der Medien gegen Chávez war in der modernen Geschichte beispiellos. Aus diesem Grund war es für Menschen in anderen Ländern schwierig, ein wahrheitsgetreues Bild von ihm zu bekommen. Selbst Sozialisten und Kommunisten in Westeuropa wurden lange Zeit von der Flut der schamlosen Lügen gegen ihn beeinflusst.

Diese Damen und Herren konnten seine starke Loyalität, Liebe und Zuneigung nicht verstehen, mit denen er die Massen begeisterte, die ihn dafür verehrten. Das war ein weiterer Grund für den bitteren Hass der besitzenden Klassen. Im Wesentlichen war diese extreme Polarisierung der Einstellungen eine Widerspiegelung der Klassenpolarisierung in einer Gesellschaft, die sich auf eine einzige Person konzentrierte.

Über Jahrzehnte war Venezuela von einer korrupten und verkommenen Oligarchie regiert worden. Es gab ein sogenanntes Zweiparteiensystem, in dem beide Parteien die Interessen der Oligarchie vertraten. Als Chávez die Bolivarische Bewegung gründete, war es sein Ziel die Augiasställe des politischen Lebens in Venezuela auszumisten. Das war ein begrenztes und sehr bescheidenes Ziel – aber ihm wurde der heftige Widerstand der herrschenden Oligarchie und ihrer Diener entgegengebracht.

In den Augen der Massen verkörperte Chávez die Revolution: ihr Erwachen zum politischen Leben, das Gefühl, dass zum ersten Mal die normalen arbeitenden Menschen die Verantwortung hatten. Er war der Mann, der sich dem Imperialismus und der Oligarchie widersetzte und der versuchte, eine bessere und gerechtere Gesellschaft zu errichten.

Die Rolle des Individuums in der Geschichte

Die Persönlichkeit eines Individuums kann auf die geschichtlichen Prozesse Einfluss nehmen. Für mich ist das dialektische Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt interessant, oder wie Hegel es ausgedrückt hätte, zwischen dem Besonderen und dem Allgemeinen. Es wäre sehr aufschlussreich, ein Buch über die genaue Beziehung zwischen Hugo Chávez und der Venezolanischen Revolution zu schreiben. Es bestehen keine Zweifel, dass es diese Beziehung gibt. Ob sie positiv oder negativ ist, hängt vom Klassenstandpunkt ab, den man verteidigt.

Am 27. Februar 1989 eroberten die Armen, die in den Barackenstädten um Caracas leben, die Straße, um gegen erneute Fahrpreiserhöhungen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln zu protestieren. Dieser Aufstand wurde landesweit als Caracazo bekannt. Die Regierung Carlos Andres Perez entsandte bewaffnete Truppen, um die Bewegung in Blut zu ertränken. Nach offiziellen Zahlen wurden 300 Menschen getötet, andere Schätzungen weisen darauf hin, dass bis zu 3000 Menschen erschossen wurden.

Ohne den Caracazo wäre es nicht unmöglich, dass Hugo Chávez Armeeoffizier geblieben wäre, der eine normale Militärlaufbahn absolviert hätte und der Öffentlichkeit unbekannt geblieben wäre.

Der Caracazo und die darauffolgende Reaktion hatte eine tiefgreifende Wirkung auf Teile der Armee, wozu auch einige Offiziere gehörten. Diese Unzufriedenheit führte zu einem Militäraufstand, der 1992 von Chávez angeführt wurde, aber scheiterte. Er wurde festgenommen, aber anschließend auf Druck der Massen wieder freigelassen. Aus der Sicht der Armen und Unterdrückten war er der Mann, der sie aufgerichtet und mit seinem unbestrittenen persönlichen Mut zu beispiellosen Heldentaten inspiriert hatte. Die persönliche Rolle von Chávez war entscheidend. Er handelte als Katalysator, der eine dramatische Veränderung bewirken kann, wenn alle Bedingungen vorhanden sind.

Die Beziehung zwischen Hugo Chávez und den Massen war eine sehr komplexe und dialektische. Er weckte eine kolossale Begeisterung und Hingabe. Wir sahen die gleichen Emotionen auf den Straßen von Caracas an den Tagen vor und nach seiner Beerdigung. Ich hatte die Gelegenheit, das selbst zu erleben, als ich an den Massenkundgebungen, auf denen er zu den Menschen sprach, teilnahm.

Wenn Chávez zu den ArbeiterInnen und Bäuerinnen und Bauern sprach, war die Wirkung elektrisierend. Bei solchen Gelegenheiten konnte man eine Art chemischer Reaktion zwischen Chávez und den Massen spüren. Die starke Loyalität für diesen Menschen, den die Armen und Unterdrückten fühlten, stand außer Frage. Hugo Chávez gab ihnen zum ersten Mal eine Stimme und etwas Hoffnung. Das ist das Geheimnis für die außergewöhnliche Hingabe und Loyalität, die sie ihm stets gezeigt haben. Er erweckte sie zum Leben und sie sahen sich selbst in seiner Person verkörpert. Für sie waren Chávez und die Revolution ein und dasselbe.

Ich beschrieb meine Eindrücke, als ich das zum ersten Mal im April 2004 persönlich sah:

„Als er sprach konnte ich die Reaktion der Massen auf dem großen Bildschirm hinter dem Präsidenten sehen. Alte und junge Menschen, die mit großer Mehrheit aus der ArbeiterInnenklasse kamen, hörten aufmerksam zu, nahmen jedes Wort auf. Sie applaudierten, jubelten, lachten und weinten als sie dort standen. Das war das Gesicht eines geweckten Volkes, ein Volk, das sich der eigenen Wahrnehmung bewusst wird als aktiver Teilnehmer an einem historischen Prozess – das Gesicht der Revolution.“

Der Prozess verlief in beide Richtungen. Chávez nahm seine Stärke aus der Unterstützung durch die Massen, mit denen er sich völlig identifizierte. In seiner Art zu sprechen – spontan und völlig ohne die steife Formalität professionelle Politiker – verbündete er sich mit ihnen. Wenn manchmal die Klarheit fehlte, widerspiegelte das sogar das Stadium, in dem sich die Massenbewegung befand. Die Identität war vollständig.

Chávez‘ rechte Gegner konnten nie die Gründe dafür erkennen. Sie konnte es nicht verstehen, weil sie vom Wesen her nicht in der Lage sind, die Dynamik der Revolution selbst zu erkennen. Die herrschende Klasse und ihre intellektuellen Prostituierten können nie akzeptieren, dass die Massen einen eignen Verstand und eine eigene Persönlichkeit haben, dass sie eine unglaublich kreative Kraft sind, die nicht nur in der Lage ist, die Gesellschaft zu verändern, sondern sie auch zu verwalten. Sie können niemals etwas derartiges zugeben, denn wenn sie es täten, würden sie ihren eigenen Bankrott erklären und gestehen, dass sie keine notwendigen und unverzichtbaren sozialen Akteure mit einem gottgegebenen Recht zum Regieren sind, sondern eine überflüssige und parasitäre Klasse und ein reaktionäres Hindernis für den Fortschritt.

Aber es waren nicht nur die Vertreter der Bourgeoisie, die unfähig waren zu verstehen, was in Venezuela geschah. Viele Linke waren ebenfalls nicht in der Lage dieses Phänomen zu begreifen. Da sie außerstande waren, sich auf den Standpunkt der Massen zu stellen, nahmen sie eine hochnäsige Haltung an, als ob die Massen, die sie immer beschworen, ignorante Kinder wären, die von ihnen belehrt werden müssten. Dummerweise zeigten die Massen nicht das geringste Interesse an diesen Möchtegern-Belehrern und ihren Lektionen.

Die Bolivarische Revolution verschaffte den Menschen in Venezuela wichtige Reformen im Gesundheitswesen, beim Wohnungsbau und im Bildungswesen. Die wichtigste Errungenschaft der Revolution war jedoch immateriell, vielleicht sollte man sagen, moralisch. Sie gab den Massen ein Gefühl für ihre eigene Würde als menschliche Wesen, sie vermittelte ein sicheres Gespür für Gerechtigkeit, sie gab ihnen ein Gefühl für ihre eigene Kraft, sie verlieh ihnen ein neues Selbstvertrauen. Sie gab ihnen Hoffnung für die Zukunft. Vom Standpunkt der herrschenden Klasse und des Imperialismus bedeutete das eine tödliche Gefahr.

Chávez und der Imperialismus

Hugo Chávez’ Revolution war eine direkte Bedrohung für den US-Imperialismus wegen ihres Vorbildcharakters, den sie den unterdrückten Massen Lateinamerikas bietet. Seitdem die Monroe-Doktrin verkündet wurde haben die Regierenden in den USA Lateinamerika als ihren privaten Hinterhof angesehen. Eine revolutionäre Welle fegte über den gesamten lateinamerikanischen Kontinent und Hugo Chávez fungierte als mächtiger Katalysator für die ganze revolutionäre Bewegung auf dem Kontinent. Das machte ihn zum Staatsfeind Nr. 1.

Am Anfang wusste die venezolanische Oligarchie nicht so recht, was sie von Chávez halten sollte. Sie nahm an, er sei wie jeder andere venezolanische Politiker. Das hieß, er war käuflich. Als sie aber merkte, dass Chávez nicht käuflich war, plante sie ihn zu stürzen. Am 11. April 2002 organisierte sie einen Staatsstreich. Hinter diesem standen mächtige Kräfte: die Großgrundbesitzer, Banker, Kapitalisten, Medien, Kirche, Generale, Polizeichefs, korrupte Gewerkschafter und der CIA.

Chávez wurde verhaftet und entführt. Die Putschisten richteten sich im Miraflores-Palast ein. Aber innerhalb von 48 Stunden wurden sie durch einen spontanen Massenaufstand gestürzt. Teile der Armee, die Chávez gegenüber loyal waren, liefen zu den Massen über und der Staatsstreich brach am 13. April schmachvoll zusammen. Zum ersten Mal in der Geschichte Venezuelas stürzten die Massen Putschisten. In der Realität hielten sie dann die Macht in ihren Händen, aber tragischerweise war ihnen das nicht bewusst.

Nachdem der Staatsstreich erfolgreich niedergeschlagen wurde, wäre es möglich gewesen, schnell und schmerzlos eine sozialistische Revolution durchzuführen. Leider wurde die Chance vertan und den Reaktionären wurde es ermöglicht, sich neu zu gruppieren und einen weiteren Versuch mit einem sogenannten ‚Streik‘ (bei dem es sich in Wirklichkeit um eine Aussperrung durch die Bosse handelte), welcher der Wirtschaft schweren Schaden zufügte. Dieser Versuch wurde von den ArbeiterInnen zunichte gemacht, die die Kontrolle über die Fabriken und Ölanlagen übernahmen und die Reaktionäre herauswarfen. Hier bestand erneut die Möglichkeit einer radikalen Transformation, ohne dass es zu einem Bürgerkrieg gekommen wäre. Und erneut wurde die Chance vertan. Es war ein Problem der Führung.

Die Opposition beklagte sich oft über eine angebliche schlechte Behandlung, aber für diese Klagen gab es keinen Grund. Die Regierung war weit davon entfernt sich ihr gegenüber streng zu verhalten, sondern außerordentlich zurückhaltend. Über Jahre durften die Medien der Opposition den Präsidenten auf die übelste Weise beleidigen und sogar zu seinem Sturz und seiner Ermordung aufrufen. RCTV, Globovisión, Venevisión und alle anderen privaten TV-Sender spielten eine sehr aktive Rolle bei der Organisierung des Staatsstreichs von 2002.

Glaubt irgendjemand, dass so etwas in den USA, Britannien oder irgendeinem anderen Land, das mit seiner ‚Demokratie‘ prahlt, möglich gewesen wäre? Wenn ein britischer TV-Sender nur ein Zehntel dessen getan hätte, wäre ihm die Lizenz entzogen, bevor er ‚Theresa May‘ gesagt hätte und er wäre vor Gericht wegen des Verstoßes gegen die Antiterrorgesetze gestellt worden.

In Venezuela dauerte es über vier Jahre, bis Maßnahmen gegen diese Befürworter des Terrorismus und des Mordes ergriffen wurden. Selbst die Nachsichtigkeit der Behörden war außergewöhnlich. RCTV wurde die Erneuerung der Sendeerlaubnis seiner terrestrischen Frequenzen verweigert, durfte aber über Kabel weitersenden.

Die bösartigen Argumente der Gegner der Revolution, die darauf hinausliefen Chávez zum Diktator zu erklären, waren immer ironisch. Was immer man auch über Hugo Chávez denkt, er war sicherlich kein Diktator. Er gewann mehr Wahlen und Wahlverfahren als irgendein anderer politischer Führer in der Welt. Die Opposition, die von sich behauptet, demokratisch zu sein, hat niemals den Willen der Mehrheit des Volkes respektiert. Über Jahre benutzte sie die wirtschaftlichen Machthebel und die Kontrolle über die Medien, um den demokratischen Willen der Bevölkerung zu sabotieren und die hat nicht gezögert, Gewalt und Terror auf den Straßen anzuwenden, wenn es ihr passte.

Chávez, wie ich ihn kannte

Der Chávez, den ich kannte, war ein Mann von großer persönlicher Integrität und grenzenloser Energie. Als ich einst eingeladen wurde, ihn im Präsidentenpalast zu treffen, fragte ich, wann er seinen Arbeitstag beendet habe und er antwortete „um drei Uhr morgens“. Ich sagte: „Und dann gingen sie schlafen?“ Er entgegnete mir mit einem breiten Lächeln: „Nein, dann habe ich gelesen.“

Er war wirklich ein unersättlicher Leser. Ich glaube, Chávez war der einzige führende Staatsmann weltweit, der Bücher las. (Man kann sich kaum vorstellen, dass der gegenwärtige Bewohner des Weißen Hauses ein Comicheft liest.) Er erzählte mir einmal: „Ich liebe Bücher – alle Bücher. Und wenn die Bücher gut sind, liebe ich sie umso mehr. Aber auch wenn sie schlecht sind, liebe ich sie trotzdem.“

Auf Initiative des Präsidenten wurden enorme Auflagen von Büchern wie Don Quichotte und Die Elenden gedruckt und gratis an Millionen Menschen verteilt. Es ist nicht verwunderlich, dass unter seiner Präsidentschaft Venezuela von der UNICEF zum ersten Mal frei von Analphabetismus erklärt wurde.

Und Chávez hatte Mut. Er verurteilte die Verbrechen des US-Imperialismus aufs schärfste. Die ganze Welt wird sich an seine Rede vor den Vereinten Nationen erinnern, in der er nach George W. Bush sprach und sagte: „Gestern war der Teufel hier, an diesem selben Ort. Dieser Tisch, an dem es nun an mir ist, zu reden, riecht immer noch nach Schwefel!“

Die ‚freie Presse‘ war natürlich über diese Rede empört, eine Rede, die niemand außer Hugo Chávez gewagt hätte zu halten. Aber sie erfreute die Herzen von Millionen Menschen, die sich gewünscht hätten, dass auch ihre Führer sich gegen den US-Imperialismus und dessen imperialen Ansprüchen entgegengestellt hätten.

Handelte es sich um eine Revolution?

Vor einigen Jahren, als ich auf eine Rundreise durch Italien war, fragte mich ein linker Journalist von Il Manifesto verblüfft: „Aber Alan, was hat die Lage in Venezuela mit dem klassischen Modell einer proletarischen Revolution gemeinsam?“ Als Antwort zitierte ich Lenin: „Wer eine ‚reine‘ soziale Revolution erwartet, der wird sie niemals erleben. Der ist nur in Worten ein Revolutionär, der versteht nicht die wirkliche Revolution.“

Eine Revolution ist im Wesentlichen eine Situation, in der die Massen anfangen sich aktiv an der Politik zu beteiligen und ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Leo Trotzki, der schließlich einiges über Revolutionen weiß, beantwortete die Frage folgendermaßen:

Der unbestreitbarste Charakterzug der Revolution ist die direkte Einmischung der Massen in die historischen Ereignisse. In gewöhnlichen Zeitläufen erhebt sich der Staat, der monarchistische wie der demokratische, über die Nation; Geschichte vollziehen die Fachmänner dieses Handwerks: Monarchen, Minister, Bürokraten, Parlamentarier, Journalisten. Aber an jenen Wendepunkten, wo die alte Ordnung den Massen unerträglich wird, durchbrechen diese die Barrieren, die sie vom politischen Schauplatz trennen, überrennen ihre traditionellen Vertreter und schaffen durch ihre Einmischung die Ausgangsposition für ein neues Regime. Ob dies gut oder schlecht, wollen wir dem Urteil der Moralisten überlassen. Wir selbst nehmen die Tatsachen, wie sie durch den objektiven Gang der Entwicklung gegeben sind. Die Geschichte der Revolution ist für uns vor allem die Geschichte des gewaltsamen Einbruchs der Massen in das Gebiet der Bestimmung über ihre eigenen Geschicke. (Leo Trotzki, Geschichte der russischen Revolution, Bd 1, Vorwort, Hervorhebungen durch den Autor)

Das war sicherlich der Fall in Venezuela. Das Aufwachen der Massen und ihre aktive Beteiligung an der Politik ist das entscheidende Kennzeichen der Venezolanischen Revolution und das Geheimnis für ihren Erfolg.

Chávez und der Sozialismus

Die Entfaltung der politischen Ideen von Hugo Chávez stellte eine Weiterentwicklung dar, an der viele Faktoren beteiligt waren. Mit der Revolution entwickelte er sich weiter und nahm an Größe zu. Die Revolution selbst ist eine mächtige Schule, in der Millionen Männer und Frauen durch Erfahrungen lernen. Lenin, einer der größten marxistischen Theoretiker, sagte einst, dass ein Gramm Praxis mehr Wert ist als eine Tonne Theorie.

Hugo Chávez spielte eine wichtige Rolle bei der Wiederaufnahme der Diskussion über den Sozialismus zu einem Zeitpunkt, an dem viele ihn bereits abgeschrieben hatten. Der Präsident empfahl oft die Lektüre der Werke von Marx, Lenin und Trotzki. Das war enorm positiv.

Chávez war ein wahrer Internationalist. Als er die Verbrechen des US-Imperialismus anprangerte, unterschied er immer sorgfältig zwischen der herrschenden Klasse und den normalen Menschen in den USA, gegen die er keine feindlichen Gefühle hegte – im Gegenteil. In den Tagen seiner berühmten Rede vor der UNO, machte er den bisher nie dagewesenen Schritt die South Bronx zu besuchen: ein Viertel, in dem vor allem Arme und Mitglieder der ArbeiterInnenklasse in New York leben. An diesen Besuch erinnern sich die Menschen immer noch. Welcher andere bedeutende Politiker würde so etwas tun?

Als er vom Sozialismus sprach, sprach er immer von der Notwendigkeit eines weltweiten Sozialismus. Chávez sprach stets auf eindeutige Weise über sein Engagement für den Sozialismus, nicht nur in Venezuela und Lateinamerika, sondern auch auf internationaler Ebene. So z. B. als er 2009 die Idee von der Gründung einer Fünften Internationale anstieß, sagte er: „Lasst uns die Welt retten: lasst uns den Imperialismus besiegen; lasst uns die Welt retten, lasst uns den Kapitalismus besiegen. Lasst uns den Ausspruch von Rosa Luxemburg retten: ‚Sozialismus oder Barbarei.‘“

Der Versuch eine neue Internationale zu bilden, wurden von der Bürokratie und den Stalinisten unterlaufen, die so viele Initiativen, die von Hugo Chávez initiiert wurden, sabotierten. Es ist diese Sabotage, die die Revolution unterminiert und ihre Zukunft in Gefahr gebracht hat.

Meine Beziehung zu Chávez

Vor einigen Jahren hatte ich ein interessantes Gespräch mit einem Mann in Cordoba. Ich fragte ihn, was er von der bolivarischen Regierung halte. Er hielt eine derart feindliche Hetzrede, dass ich annahm er sei ein Vertreter der konterrevolutionären Opposition. Dann entdeckte ich, dass Mitglied einer ‚trotzkistischen‘ Organisation mit Sitz in Argentinien war. Ich fragte ihn, ob er das gerade Gesagte so den venezolanischen ArbeiterInnen sagen würde. Er bejahte das ganz stolz.

“Und welche Reaktion erfahrt ihr?” fragte ich. Er antwortete mit einem Schulterzucken. „Aber unterstützen die ArbeiterInnen Chávez?“ wollte ich wissen. Er antwortete zögerlich. Dann fragte ich ihn, wie viele Mitglieder seine Organisation in Venezuela habe. Er antwortete zwölf. (Ich fand später heraus, dass das eine Übertreibung war.) Ich erklärte ihm, er würde seine Zeit vergeuden. „Wenn du es ernst meinst, solltest du dich der Bewegung anschließen und dein Programm vortragen.“ Ich glaube nicht, dass er das je getan hat und seine Gruppe ist heute genauso unbedeutend wie damals.

Es überrascht mich kaum, dass die gleichen ‘Linken’, deren einziger Beitrag zur Revolution in der Kritik von außen bestand, mich ausgewählt haben, um meine Freundschaft zu Hugo Chávez auf pittoreske Weise zu missbrauchen. Im Englischen sagen wir, leere Fässer klingen hohl. Die Ultralinken sind international dafür bekannt, dass sie die leersten aller Fässer sind und deshalb zweifellos die hohlsten. Ich habe schon lange aufgehört, ihnen auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken.

Über viele Jahre habe ich eine ganze Anzahl von Artikel über die Venezolanische Revolution geschrieben und unzählige Reden darüber gehalten. Diese sind alle frei zugänglich und jeder kann sie lesen. Während der vielen Besuche in Venezuela habe ich auf Massenkundgebungen zu den ArbeiterInnen, Bauern und Bäuerinnen gesprochen und viele Interviews in der Presse und im Fernsehen gegeben. Meine Ansichten sind deshalb bekannt und es besteht keine Notwendigkeit, diese zu ändern. Zur Mitschrift werde ich sie hier zusammenfassen:

Ich war und bin immer noch der Meinung, dass es die elementare Pflicht jedes klassenbewussten Arbeiters, jeder klassenbewussten Arbeiterin war, die Venezolanische Revolution gegen ihre internen und externen Feinde – den Imperialismus und die Oligarchie – zu verteidigen. Am 29. April 2004 schrieb ich:

“In jeder meiner Reden, einschließlich der TV-Interviews, wurde ich nach meiner Meinung über die Venezolanische Revolution gefragt und ich antwortete folgendermaßen: ‚Eure Revolution ist eine Inspiration für die ArbeiterInnen in der ganzen Welt: Ihr habt Wunder vollbracht; die treibende Kraft in der Revolution sind jedoch die ArbeiterInnenklasse und die Massen und das ist das Geheimnis für ihren zukünftigen Erfolg. Die Revolution ist aber noch nicht vollendet und wird nicht beendet sein, wenn und bis ihr nicht die ökonomische Macht der Banker und Kapitalisten zerstört. Um das zu erreichen müssen die Massen bewaffnet und in Aktionskomitees auf allen Ebenen organisiert werden. Die ArbeiterInnen müssen ihre eigenen unabhängigen Organisationen haben und wir müssen die revolutionäre marxistische Strömung aufbauen.“

Ich glaube diese Zeilen sind deutlich genug. Wenn böswillige Individuen heute meine Ideen verfälschen und meine Haltung gegenüber der Bolivarischen Revolution verdrehen wollen, ist das ganz allein ihr Problem. Ich möchte noch hinzufügen, dass keiner meiner ‚linken‘ Kritiker je auch nur die geringste Rolle innerhalb der Venezolanischen Revolution gespielt hat und dass diese nichts von ihrem Wesen verstanden haben. Das überrascht kaum. Es ist schwer für jemanden, der sektiererische Scheuklappen trägt, schwierig etwas anderes zu sehen als die eigene Nasenspitze.

Konterrevolutionäre Bürokratie

In seiner letzten veröffentlichten Rede vor dem Ministerrat zeigte Chávez seine Ungeduld über das langsame Tempo bei der Entwicklung der Kommunen als Organe der Volksmacht, die er als Mittel zur Beteiligung der Massen betrachtete. Er unterwarf einen Minister nach dem anderen einer vernichtenden Kritik wegen ihres Mangels an Bereitschaft, dieses Ziel zu erreichen:

„Wenn du fragst, welches die sogenannten Kommunen im Aufbau sind: Ich bin mir sicher, dass es in den meisten der großen, mittleren und kleinen Projekte, die wir voranbringen, von den Wohnungen über neue Städte, die Zentren für wissenschaftliche Entwicklung, Zentren für landwirtschaftliche Entwicklung wie dort im Maracaibo-Tiefland, dort im Bezirk Mara, sogar dort im Bundesstaat Sucre, wo sich das große Sardinenverarbeitungswerk befindet, das wir vor kurzem eingeweiht haben, ein sehr großes Werk, bis hin zu den Glasfirmen, die wir enteignet haben, dem Orinoco-Gürtel, keine Kommunen gibt. Wo sollen wir sie suchen, auf dem Mond? Oder auf dem Jupiter?

Gestatten Sie mir, so hart zu sein, wie ich kann und wie ich muss, bei dieser neuen Selbstkritik zu diesem Thema, Genossinnen und Genossen. Rafael Ramírez, zum Beispiel, müsste mit der [staatlichen Erdölgesellschaft] PDVSA dort im Orinoco-Gürtel bereits etwa 20 Kommunen haben, aber die PDVSA denkt, dass sie das nichts angeht. Das ist ein kulturelles Problem, Genossinnen und Genossen. Und ich spreche von der PDVSA voller Anerkennung für diese bedeutende Firma.“

Es ist anhand dieser Textpassagen nicht schwer zu verstehen, dass Hugo Chávez über das Versagen, die Revolution voranzubringen, extrem frustriert und entsetzt war. Aber es ist auch möglich aus diesen Sätzen auf einen fundamentalen Fehler bei der Durchführung der Revolution zu schließen. Wirkliche Organe der ArbeiterInnenmacht (es ist gleichgültig, ob diese Kommunen oder Sowjets genannt werden) können niemals von oben – als Handlung von Ministern - errichtet werden. Sie sind das Ergebnis der Initiative der revolutionären Massen von unten. Als er sich an die Minister der bolivarischen Regierung wandte, diese Aufgabe umzusetzen, forderte er den Ulmenbaum auf Birnen zu erzeugen.

Einige Jahre vor seinem Tod erzählte mir Chávez: „Es gibt zu viel Gouverneure und Bürgermeister, die sich, nachdem sie gewählt worden sind, mit reichen Männern und schönen Frauen umgeben und dabei die Menschen vergessen.“ Er verwies bei mehr als einer Gelegenheit auf die konterrevolutionäre Bürokratie. Diese Bürokratie bildet eine fünfte Kolonne der Bourgeoisie innerhalb der Revolution. Sie ist ein Krebsgeschwür, das an den Eingeweiden der Revolution nagt und diese von innen heraus zerstört.

Die ‘bolivarische’ Bürokratie hat nicht das geringste Interesse Kommunen oder jegliche Art von ArbeiterInnenkontrolle zu fördern. Im Gegenteil, die Bürokraten, welche die PVDSA und andere Staatsbetriebe leiten (viele von ihnen sind Armeeoffiziere, die keine Beziehung zur ArbeiterInnenklasse oder zum Sozialismus haben) betrachten diese Einrichtungen als tödliche Gefahr und Bedrohung ihrer Interessen.

Chávez hatte stets ein enormes Vertrauen in die Massen. Er griff wiederholt die, wie er sie nannte, konterrevolutionäre Bürokratie an. Bei einer Gelegenheit lud mich der Präsident zu einer Autofahrt durch die Straßen, die mit jubelnden Anhängern gefüllt waren, ein. Er zeigt auf sie und sagte: „Es wird Zeit, dass diese Menschen die Kontrolle über die Revolution übernehmen.“

In einem Video von einer Kundgebung zur weiten Amtseinführung von Evo Morales in Bolivien im Januar 2010 sagte Chávez folgendes:

„Die Transformation der Sozialstruktur wird niemals erreicht werden, wenn wir nicht die Transformation der ökonomischen Strukturen …die Transformation des Staates … ich erinnere mich an den großen Bolschewiken … Wladimir Iljitsch Lenin und das wunderbare Werk Staat und Revolution …wir müssen damit aufhören den bürgerlichen Staat auszubauen, der bürgerliche Staat muss abgeschafft werden und ein sozialistischer Staat muss geboren werden, nur so werden wir die großen Ziele erreichen, die wir uns gesetzt haben.“

In einem Kommentar zum Plan de la Patria (Juni 2012), dem Wahlprogramm, mit dem er zu den letzten Wahlen antrat und das als sein Testament angesehen wird, schrieb er:

„Machen wir uns nichts vor: die sozioökonomische Form, die in Venezuela noch vorherrscht, ist kapitalistischen und rentenökonomischen Charakters.

Um zum Sozialismus voranzuschreiten, brauchen wir eine Volksmacht, die in der Lage ist, die Mechanismen der Unterdrückung, Ausbeutung und Herrschaft, die in der venezolanischen Gesellschaft noch fortdauern, aufzulösen, und im täglichen Leben eine neue Gesellschaft zu gestalten, in der Brüderlichkeit und Solidarität einhergehen mit der permanenten Entstehung einer neuen Art und Weise der Planung und Produktion des materiellen Lebens unseres Volkes. Dies verläuft über die vollständige Zerschlagung der geerbten bourgeoisen Staatsform, die sich noch in ihren alten, unheilbringenden Praktiken reproduziert, und über die fortgesetzte Erfindung neuer Formen politischer Amtsführung.

Dies ist ein Programm, das sich bemüht, den »Point of no return« zu überschreiten. Um es mit Antonio Gramsci zu erklären, das Alte muss endgültig sterben, damit das Neue in seiner ganzen Größe geboren werden kann.“

Aber in Venezuela wurde dieses Ziel nie erreicht. Die Revolution blieb auf halbem Wege stehen und wurde zurückgedrängt. Der bürgerliche Staat wurde nicht zerschlagen. Die alten Bürokraten wurden teilweise durch eine neue Bürokratenkaste von karrieristischen Beamten ersetzt, welche die Revolution in ihrem eigenen Interesse gekapert haben. Die konterrevolutionäre Bürokratie, die von Chávez wiederholt angeprangert worden war, bildet eine bürgerliche fünfte Kolonne, die die Revolution verraten hat, sie von innen heraus untergraben hat und den Weg für die Konterrevolution bereitet.

Eine ehrliche Bilanz ist nötig

Fünf Jahre nach dem Tod von Hugo Chávez ist es nötig, eine Bilanz der Erfahrungen der Bolivarischen Revolution zu ziehen, um sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte zu analysieren. Die negativen Aspekte sind jetzt allen klar, selbst den treuen Freunden der Revolution. Aber wie eine deutsche Redewendung sagt, man soll nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.

Auf ihrem Höhepunkt setzte die Venezolanische Revolution einen Impuls für das Anwachsen der linken und revolutionären Strömungen sowohl in Lateinamerika als auch auf internationaler Ebene. Zu einer Zeit, als die sozialistischen und marxistischen Ideen von allen Seiten unter Beschuss standen, ermutigte sie diejenigen, die weltweit für die Sache des Sozialismus kämpften. Die Errungenschaften der Bolivarischen Revolution im Gesundheits- und Bildungswesen sowie im Wohnungsbau standen in scharfem Gegensatz zu den schweren Angriffen auf den Lebensstandard, denen die ArbeiterInnen in Europa und anderen Ländern im Namen der kapitalistischen Austerität ausgesetzt waren.

Die Bolivarische Revolution trieb die Verstaatlichung von Teilen der Wirtschaft bedeutsam voran. Die ArbeiterInnen in Venezuela reagierten hervorragend und führten die ArbeiterInnenkontrolle an ihren Arbeitsplätzen ein und forderten die Ausweitung der Verstaatlichungen. Die gesamte Geschichte zeigt aber, dass es unmöglich ist, eine halbe Revolution zu machen. Weil es nicht gelungen ist, die ökonomische Macht der Oligarchie zu zerstören, blieb die Revolution anfällig für eine systematische Kampagne der Wirtschaftssabotage, welche die Bedingungen für eine konterrevolutionäre Offensive schuf.

Kurz vor meinem ersten Treffen mit Chávez schrieb ich: „Früher als es manche Menschen erwarten wird die Venezolanische Revolution vor einer schwierigen Entscheidung stehen: entweder die ökonomische Macht der Oligarchie zu liquidieren oder bald eine Niederlage erleiden.“ Das habe ich 2004 geschrieben. Die folgenden Ereignisse zeigten, dass meine ersten Eindrücke sehr fundiert waren.

Das Schicksal der Bolivarischen Revolution

Bei vielen Gelegenheiten in den letzten zwei Jahrzehnten haben sich die ArbeiterInnen in Venezuela dafür eingesetzt, die ArbeiterInnenkontrolle einzuführen. Während des konterrevolutionären Versuchs die Ölindustrie zu sabotieren übernahmen die ArbeiterInnen die Anlagen, leiteten sie und schmissen die alte Geschäftsleitung heraus. Aber was geschah? Die Bürokratie übernahm die Kontrolle und schaffte die ArbeiterInnenkontrolle ab. Das passierte mit der kompletten Unterstützung durch die Minister – eben die Minister, an die sich Chávez in seiner letzten Rede wandte.

Es ist Fakt, dass viele dieser Minister niemals von Chávez‘ Vorstellungen über den Sozialismus überzeugt waren. Noch weniger teilten sie seinen Glauben an die Möglichkeit, dass ArbeiterInnen die Industrie und die Gesellschaft führen können. Viele von ihnen wurden in der Schule des Stalinismus ausgebildet und haben eine stalinistische und bürokratische Vorstellung vom ‚Sozialismus‘ bewahrt. Andere glauben überhaupt nicht an den Sozialismus.

Chávez’ Verständnis war es immer mit den ArbeiterInnen, Bauern und Bäuerinnen zu gehen. Aber ihm stand eine feindselige Bürokratie gegenüber, welche seine Pläne vereitelte, seine Dekrete rückgängig machte und die Revolution sabotierte. Wenn man ihn kritisieren will, dann dafür, dass er sich zu lange zu tolerant gegenüber diesen Kräften verhalten hat. Ich glaube, er tat es, weil er Spaltungen in der Bewegung fürchtete, die zur Untergrabung der Revolution geführt hätten. Das war ein fataler Fehler. Es sind Korruption und Karrierismus, welche die Revolution untergraben.

Wie Chávez mir erzählte, gibt es Menschen in öffentlichen Ämtern, Gouverneure, Bürgermeister, Funktionäre der PSUV und der Bolivarischen Bewegung, die in jedem ihrer Sätze auf Chávez schwören, die rote Hemden tragen, aber in Wirklichkeit Opportunisten, Karrieristen und korrupte Elemente sind, die nichts mit der Revolution am Hut haben. Diese Kräfte haben die revolutionäre Initiative der Massen blockiert und die Revolution von Beginn an sabotiert. Das brennende Verlangen der Massen wurde durch den Widerstand solcher konservativer und reformistischer Elemente, die ständig zur Vorsicht mahnen und die Revolution praktisch ausbremsen wollen, kontinuierlich konterkariert.

Der linke Flügel, der die revolutionären Bestrebungen der Massen widerspiegelt, will die Revolution voranbringen, den Widerstand der Oligarchie überwinden und die Menschen bewaffnen. Der rechte Flügel (Reformisten und Sozialdemokraten) will die Revolution praktisch zum Stillstand bringen oder zumindest das Tempo drosseln und zu einem Kompromiss mit der Oligarchie und dem Imperialismus kommen. Das Schicksal der Revolution hängt von der Lösung dieses Widerspruchs ab.

Um die Revolution zu verteidigen und sie voranzubringen, muss sie ihren Feinden entgegentreten und alle Hindernisse aus dem Weg räumen. Aber das größte Hindernis auf dem Weg der Revolution ist die konterrevolutionäre Bürokratie. Die ArbeiterInnen, Bauern und Bäuerinnen sollten einen großen Besen nehmen, diesen ganzen Müll aus der Bewegung fegen und die Kontrolle übernehmen. Solange das nicht geschehen ist, ist die Revolution immer in Gefahr.

Um den Sozialismus vorwärts zu bringen, muss zuerst die ökonomische Macht der Oligarchie gebrochen werden, denn diese benutzt sie, um den revolutionären Prozess zu sabotieren. D. h. man muss gegen die Wirtschaftssabotage, das Horten von Gütern, die Kapitalflucht und die Spekulation hart durchgreifen. Die ökonomischen Probleme können nur durch die Verstaatlichung von Land, Banken und großen Industriebetrieben unter ArbeiterInnenkontrolle gelöst werden.

Eine wirkliche Planwirtschaft ist unmöglich, wenn die Schlüsselindustrien und Banken in Privatbesitz bleiben. Man kann entweder eine kapitalistische Marktwirtschaft oder eine sozialistische Planwirtschaft haben, aber man kann nicht beides gleichzeitig haben. Man kann das, was man nicht kontrolliert, nicht planen und das, was man nicht besitzt, nicht kontrollieren.

Kompromisse mit den Feinden der Revolution sind nicht möglich, genauso wenig wie man Öl mit Wasser mischen kann. Die einzige Logik aus dieser Situation geht in die direkte Konfrontation zwischen den Klassen. Von der Lösung dieses Konflikts hängt das Schicksal der Revolution ab.

Es liegt jetzt an den ArbeiterInnen, den Bauern und Bäuerinnen – den wirklichen Kräften der Bolivarischen Revolution – diese Aufgabe zu Ende zu führen. Wenn das nicht gelingt, wäre es ein Verrat am Erbe von Chávez. Es werden keine sentimentalen oder demagogischen Reden benötigt, sondern die Umsetzung des sozialistischen Programms, das Chávez stets vertrat: die Abschaffung des Kapitalismus durch die Enteignung der Banker, Großgrundbesitzer und Kapitalisten. Das ist das wahre Erbe von Hugo Chávez. Dafür müssen wir kämpfen. Wir verpflichten uns, alles in unserer Macht stehende zu tun, um den Kampf für den Sozialismus in Venezuela und überall auf der Welt voranzutreiben. Das ist der einzige Weg nach vorn; der einzige Weg das Andenken an Hugo Chávez zu bewahren.